Bulgarien – in der Antike bekannt als das Land der Thraker, ist es ein Land mit reichen Traditionen und 3000jähriger Wein-Kultur. Die Berge des Balkans durchziehen das Land bis hin zu den Stränden am Schwarzen Meer. Sie sind die Heimat von mehr als 160 farbenfrohen alten orthodoxen Klöstern. Das berühmteste, das Rilakloster, wurde von der UNESCO als Kulturerbe der Menschheit eingestuft. Bulgarien gehört zu den Ländern mit der längsten Weinbautradition Europas. Das Land im Südosten Europas liegt auf dem gleichen Breitengrad wie die Toskana oder Bordeaux und bietet daher auch ähnlich gute Bedingungen für den Weinbau. Eine große Bodenvielfalt in Verbindung mit einer Vielzahl durch die Geografie vorgegebener sehr unterschiedlicher Mikroklimata bedingen den Anbau einer Vielzahl autochthoner Rebsorten und Weine mit sehr eigenständigem Charakter. Ein recht niedriger Ertrag pro Hektar, verursacht durch die Pflanzung der Rebstöcke in sehr breiten Zeilenabständen, kommt zusätzlich der Weinqualität zugute.
Der Weinbau Bulgariens besitzt eine lange Tradition, und ist eng mit der gesamten Kultur und Wirtschaft des Landes verbunden. Den ersten Weinbau gab es schon in der Antike, als thrakische Stämme ca. 1200 v. Chr. begannen wild wachsende Rebstöcke zu kultivieren. Die Thraker, die antiken Bewohner des heutigen Bulgariens, entwickelten sich sehr schnell zu begnadeten Winzern. Wie man schon bei Homer nachlesen kann, waren sie ein Volk, das einen ausgeprägten Kult zu Ehren des Weingottes Dionysos betrieb. Die Wandmalereien in der Kazanlaker Gruft und die Abbildungen auf den Gegenständen des weltberühmten Goldschatzes von Panagjurischte lassen uns die Verehrung der Thraker zum Göttergetränk verspüren. „Saufen wie ein Thraker“ war in der Antike ein geläufiger Spruch und zeigt, dass auch damals schon einige Zeitgenossen über die Stränge zu schlagen pflegten. Zur Zeit des Römischen Reiches war thrakischer Wein ein begehrter Exportartikel nach Griechenland, Sizilien, Kleinasien und Ägypten. Diese uralten Erfahrungen und die Tradition im Weinbau und in der Weinproduktion wurden in den darauffolgenden Jahrhunderten und auch nach der Gründung des bulgarischen Staates (im Jahre 681) fortgeführt. Dass beim gesundheitsverträglichen Weinverbrauch scheinbar stark übertrieben wurde, davon zeugt das vom bulgarischen Zaren Khan Krum auferlegte Alkoholverbot, das als erstes in Europa und weltweit gilt (804-814).
Im Jahre 1393 wurde das bulgarische Reich von den Türken erobert, die den Bulgaren während ihrer 500-jährigen Herrschaft den Weinbau dennoch erlaubten. Dabei ist der Genuss von Alkohol jedem frommen Moslem ein Gräuel!
Bis in die 1940er-Jahre wurde in Bulgarien Weinbau ausschließlich von kleinen Weinbauern auf Basis autochthoner Sorten betrieben. Danach folgte eine Phase „Sozialistischer Weinkultur“ auf die wir nicht besonders eingehen möchten. Heute wird Weinbau im privaten Bereich in kleinen Familienweingütern bis hin zu modernen Großkellereien betrieben. In den letzten zwei Jahrzehnten erholte sich der Qualitätsweinbau aus dem postsowjetischen Desaster und dem daraus resultierendem Niedergang. Dank finanzkräftiger privater bulgarischer Initiativen, einer neuen, gut ausgebildeten, jungen und dynamischen Winzerelite (darunter häufig Absolventen der Hochschule Geisenheim) sowie Kapital und Know-How einer Gruppe ausländischer Unternehmer aus Italien, Frankreich und Österreich, kommt Bulgarischer Wein so langsam wieder zurück auf der internationalen Bühne.
Manche Weingüter haben den Sprung in die Zukunft noch nicht geschafft. Andere versuchen neuerdings mit internationalen Rebsorten und Weine nach internationalem Geschmack zu punkten, was sie leider komplett austauschbar macht. Wieder andere hingegen (und denen gehört unsere Sympathie und unser besonderes Interesse) sind trotz oder vielleicht auch wegen ihrer Einzigartigkeit leider derartig unbekannt, dass man sie bisher außerhalb ihres Ursprungsortes weder probieren geschweige denn erwerben könnte. Und das ist wirklich schade. Die internationale Weinwelt muss wohl noch etwas auf die großartigen autochthonen und unbekannten Rebsortenweine Bulgariens warten. Aber es ist Besserung in Sicht.
Geografisch liegen die Weinbaugebiete Bulgariens auf der Höhe Südeuropas mit einem vergleichbar sonnigen, trockenen Klima und mit ähnlichen Bodenverhältnissen. Besonders die lange Zeit der Sonneneinstrahlung während der Wachstumsperiode und die Reifezeit der Trauben ermöglichen das Keltern von gut ausgereiften, kräftigen Rotweinen, aber auch erlesenen Weißweinen. Das strenge bulgarische Weingesetz garantiert die Herkunft und die Lage, die Rebsorten, Zeitraum und die Art und Weise der Reife. Zusammen mit Frankreich, Spanien, Italien und Griechenland gehört Bulgarien zu den größten Weinproduzenten der Welt. Rund 130 000 Hektar stehen unter Reben – je zur Hälfte weiße und rote Sorten. In den letzten Jahrzehnten wurde verstärkt europäische Edelreben wie Cabernet Sauvignon, Merlot und Pinot Noir angepflanzt.
Bereits in den sechziger Jahren wurde das Gros dieser Rebstöcke gepflanzt, die jetzt im Ertrag stehen. Die bulgarischen weißen und roten Traubensorten wie Gamza, Dimiat, Pamid, Muscat, Misket, Mavrud und Melnik sind leider etwas im Rückgang begriffen. Pamid ist heute die verbreiteste einheimische Rebsorte, Melnik die urwüchsigste. Bei den weißen Sorten verdrängen Riesling, Chardonay und Sauvignon den Rkatsiteli und Welschriesling. Bulgarien liegt im Weinexport weltweit an sechster Stelle! Traditionell hat Bulgarien fünf bekannte Weinbaugebiete, die für ihre Region typische Weine produzieren. So werden in Südbulgarien Rotweine, in Nordbulgarien eher Weißweine angebaut. An der Küste des Schwarzen Meeres liegen wichtige Weinbaugebiete mit Burgas, Pomorie und Varna als ihren drei Hauptzentren. Das kleinste Anbaugebiet in Bulgarien ist das Gebiet um Melnik. Das dortige Mikroklima begünstigt den dort gekelterten vollmundigen Rotwein.